Erster Mai-Feiertag – Baumklettern als neue Disziplin
Am ersten Mai-Feiertag lockte uns der „Suppenbaum“, eine 35 Meter hohe Eiche in mitten des Leipziger Auenwaldes, aus unseren Alltagsgeschäften zwischen Rohren, Plänen, Abrechnungen und Kindergeschrei in die Wildnis. Das Ziel, ein Topf, der auf 30 Meter Höhe am Baum befestigt war, sollte nachdem moderne Methoden gescheitert waren im klassischen Stil erobert werden. Einziges Problem: der erste Ast und damit gleichfalls der erste Fixpunkt befindet sich für Pfeil und Bogen sowie Schleuder auf 15 Meter Höhe in unerreichbaren Sphären. Jörg, der sich wie immer sehr experimentierfreudig zeigte, begann bald seine Passion als Klammeraffe zu entdecken. Einzig mit zwei langen Bandschlingen und purer Muskelkraft stieg er Stück für Stück den Kolloss empor während der Rest von uns hämisch grissend am Boden darüber diskutierte, wie oft der Baum wohl pro Jahr bestiegen werde. Vier Stunden und ein Positionswechsel an der fordersten Front später war zwar die erste Astgabel aber noch lange nicht das eigentliche Ziel erreicht. Spätestens jetzt waren wir uns einig, dass uns diese Expedition noch einiges mehr abverlangen würde. Uneinigkeit herrschte allerdings darüber, wie viel Wahrheitsgehalt einschlägige Cacherkommentare wie: „Im Vorbeigehen mitgenommen.“ oder „Leicht zu haben.“ mit sich bringen. Für uns stand fest, dass wir später wiederkommen müssen um in den Kreis derer aufzusteigen, die sich den Topf „ähnlich“ schweißtreibend erarbeitet hatten. Beim abschließenden Bier in der Wildparkschenke schmiedeten wir prombt neue Pläne und diskutierten das Vorgehen für den zweiten Anlauf.
Nicht lange wollten wir den Topf auf uns warten lassen, sodass wir uns dafür entschieden diesen gleich am kommenden Wochenende abzureißen. Um die erste Passage schneller zu meistern, hatten wir beim vorangegangen Versuch eine Steighilfe in der ersten Astgabel hinterlassen. Nichts desto trotz verbrachten wir ebenfalls reichlich drei Stunden am Baum, bis wir uns schließlich in das Logbuch eintragen konnten. Zu unserer Ernüchterung stellte sich heraus, dass der Schatz des Baumes beinah monatlich geborgen wird. Auch wenn wir bis dato nicht hinter das Geheimnis gekommen sind, wie der Baum leichtfüßig bestiegen werden kann, trösten wir uns mit der Tatsache, dass dieser ebenfalls noch nicht im klassischen Stil erkämpft wurde. In diesem Sinne: „Wir wollten es schwer, dort hatten wir es schwer!“